Stahlschiffe sind eine feine Sache. Sie sind robust, können manchen Stoß oder Kratzer vertragen, sind mit einfachen Mitteln zu pflegen und zu warten (einfach heißt nicht, dass es wenig Arbeit ist) und sie können bei Bedarf durch Sandstrahlen wieder „wie neu“ gemacht werden. Gibt es mal was auszutauschen oder hinzuzufügen, kann jeder Schweißkundige mit gängigem Werkzeug helfen. Allerdings geraten sie je nach Dicke des verwendeten Stahls relativ schwer und – sie rosten.
Dem Rost kann man vorbeugen durch entsprechend intelligente Konstruktion (Wasserabläufe) und durch hochwertige Beschichtung des Stahls. Es soll auch ältere Stahlschiffe geben, die aufgrund intensiver Pflege praktisch rostfrei sind. Rovergehört nicht dazu. An dieser Stelle muss ich zu meiner Verteidigung sagen, dass das Boot schon 23 Jahre alt war, als es zu mir kam.
Stahlboote rosten im Allgemeinen von Innen nach Außen. Neuralgische Stellen sind Ecken und Winkel, in denen Wasser stehen bleiben kann. Meist sind es solche, die schwer einzusehen und zu erreichen sind, also z.B. im Bilgenbereich. Das Wasser kann Kondenswasser sein oder – schlimmer – Seewasser. Bei Roverhabe ich nach dem Kauf die notwendigsten Stellen saniert, an alle komme ich aber auch nicht richtig ran. Anderersseits ist die Haut unten 6 mm dick, in der Mitte des Rumpfes 5 mm und weiter oben 4 mm. Da ist schon einige Reserve drin, die abrosten kann. Meist sieht es schlimmer aus, als es ist, da Eisen sein Volumen im Zuge der Oxidation vervielfacht. Also abkratzen, schleifen und neu beschichten.
Hochgefährdet sind auch alle Stellen im bewitterten Außenbereich, an denen Stahl direkt an Holz anliegt bzw. umgekehrt. Das Holz trocknet im Kontaktbereich nur langsam, ist quasi dauerfeucht und durch Schwindvorgänge entstehen Spalten, die kapillarisch Wasser anziehen und halten. Das hält auf Dauer keine Beschichtung aus. Also Holz an Deck irgendwie hinterlüften oder vorher Edelstahl aufschweißen oder einfach weglassen. Für große Freude sollen ja immer wieder Teakdecks auf Stahlschiffen sorgen…
Das gern zitierte Sandstrahlen ist im Innenbereich kaum praktikabel. Hier muss eben die Flex herhalten oder ein Druckluftnagler. Vor dem Beschichten sollte man versuchen, wirklich auf den blanken Stahl zu kommen. Oft werden Rostnarben bleiben. Sind diese Bereiche später sichtbar, kann gespachtelt werden. Beschichtungstechnisch problematisch sind eigentlich nur alte, aufgearbeitete Rostherde. Da kommt der Rost nach einiger Zeit immer wieder durch. Neuen blanken Stahl zu versiegeln ist mit modernen Systemen gut möglich.
Trotz aller Versprechungen der Hersteller scheint es kein Beschichtungssystem zu geben, dass Rost „umwandelt“ oder alten Rost „versiegelt“. Dennoch versuche ich es immer wieder. Nachdem BOB offenbar vom Markt ist, arbeite ich mit Pelox, Fertan, Owatrol und Co. Mein letzter Trick ist eine erste Schicht G4, die wohl Restfeuchtigkeit bindet. Macht einen guten Eindruck. Ich habe viel von den Leuten gelernt, die mit rostigen Autos umgehen. Mein heißer Tipp ist hier das Korrosionsschutzdepot. Deren Katalog ist eine Offenbarung für jeden Rostkämpfer.
In ganz böse und unzugängliche Winkel habe ich auch schon Dichtfix oder Dachfix oder so ähnlich (Baumarkt) geschmiert, eine pastöse Masse, die mit Glasfiber versetzt ist und total aushärtet. Dient zum Abdichten von Dachrinnen, Schornsteinen oder so. Da kommt dann jedenfalls kein Wasser mehr ran.
Große Sorgfalt ist geboten, wenn an Deck Stahl gesägt oder – Gott bewahre – geflext wird. Läßt sich natürlich gelegentlich nicht vermeiden, aber die Späne müssen pedantisch aufgespürt und entfernt werden. Staubsauger ist das Mindeste, besser anschließend kärchern. Ansonsten kriegt das Deck nach einigen Wochen eine Art braune Akne…
Eine große Hilfe, um das Schiff äußerlich und optisch nicht zu schlimm aussehen zu lassen, wenn man mal längere Zeit keine Entrostungen vornehmen konnte, ist Oxalsäure. Als Pulver erhältlich, billig und unbegrenzt zu lagern, ergibt nach dem Zugeben von Wasser eine Lösung, die Rosttränen in kürzester Zeit verschwinden lässt. Immer wieder verblüffend! Gegebenenfalls sind nach dem nächsten Regen natürlich wieder neue Spuren zu sehen.
Hier eine kleine Horrorshow (Bilder vor der Sanierung):